06.05.2016 • 19:33

Cheftrainer Günther Doleschel: "Wichtig ist vor allem, dass alle möglichst viele Erfahrungen mitnehmen für nächstes Jahr, wenn die Team WM wieder im eigenen Land stattfindet"

Vom vergangenen Wochenende in Kroatien kehrten die deutschen U23-Teams mit einer Niederlage und einem Sieg gegen den WM-Gastgeber zurück. Welche Eindrücke hast du als Trainer mitgenommen?
Günther Doleschel: Dass die kroatischen Mädchen sicherlich bei der WM ganz vorn mitspielen werden, und für uns ein ganz harter Gegner werden würden, war mir schon bewusst. Daher war ich vom Ergebnis her, was wir gegengesetzt haben, zufrieden. Die Kroaten haben zu Hause gespielt, die neue Bahn in Porec war dazu auch sehr ergiebig. Sehr angenehm überrascht war ich von Lisa Eichhorn, die mit 601 Kegeln bei ihrem ersten Länderspiel eine neue persönliche Bestleistung aufgestellt hat. Da ist schon etwas drin in diesem Team. Saskia Barth konnte aus beruflichen Gründen gar nicht dabei sein. Auch beim letzten Test vor der WM in Stollberg kann sie deshalb erst am Freitag anreisen.

Die U23 weiblich hat am Ende mit 95 Kegeln weniger verloren ...
Günther Doleschel: ... was ich nicht überbewerten möchte. Es war die Auftaktveranstaltung für unsere unmittelbare WM-Vorbereitung und da darf man schon mal, wie es so schön heißt, die Hosen etwas voll haben. Wir haben aber deutlich gesehen, dass bei allen noch Luft nach oben ist. Die Ergebnisse waren aber sehr kompakt, was gerade im Teamwettbewerb eine ganz wichtige Grundlage für eine gute Gesamtleistung ist.

Die Jungen haben sogar alle über 600 Kegel gespielt, auch einige Ausreißer nach oben waren schon dabei. Wie schätzt du den Stand dort ein?
Günther Doleschel:
Die geschlossene Mannschaftsleistung ist sehr erfreulich. Thomas Müller, Pascal Kappler und Andreas Bayer mit 600ern, bei Dominik Kunze und Sebastian Rüger ging es sogar an die 640 ran und Florian Möhrlein überzeugte sogar als Tagesbester mit 644. Nicht zu vergessen, Christopher Wittke, der im Vergleich der Ersatzspieler 625 erreichte.
Wenn wir diese konstanten Leistungen auch bei der WM abrufen können, werden wir auch dort überzeugen.

Tschechien am Wochenende ist sicherlich ein ganz anderes Kaliber. Wie siehst du die unterschiedliche Stärke im Vergleich zu Kroatien?
Günther Doleschel:
Man darf die tschechischen Mannschaften nicht unterschätzen. Bei der U23 WM in Brünn belegte das weibliche Team den Silber-Platz  und die Männer waren zwei Plätze vor dem deutschen Team Vierter. Wenn man auf die U18 schaut, hat die männliche Jugend in Speichersdorf den dritten Platz hinter uns belegt und die weibliche Jugend hat Gold gewonnen. Die Verantwortlichen dort haben in der Vergangenheit eine Menge getan, da wird gute Arbeit gemacht. Es werden jetzt sicherlich einige Spieler dabei sein, von denen man noch nicht soviel gehört hat, die uns aber sicher das Leben schwer machen können und wollen.

In Stollberg gibt sich nicht nur die U23 ein Stelldichein, sondern bis auf die U18-Einzelweltpokalstarter das komplette WM-Team. Wie aber werden Bianca Zimmermann und Daniel Barth auf ihren Einsatz in der kommenden Woche vorbereitet?
Günther Doleschel:
In der Vorbereitung habe ich selbst mit Bianca zusammengearbeitet. Das war einfach notwendig, weil es regional mit unseren Nachwuchstrainern nicht so einfach zu koordinieren war. Ich bin da sehr guter Dinge, Bianca hat einen stabilen Eindruck gemacht. Bei Daniel Barth ist Jan Koschinsky direkt dran, da gibt es eben auch diese regionale Nähe zwischen Athleten und Trainer. Beide sind an diesem Wochenende zusammen bei den Deutschen Jugend Meisterschaften. Nächste Woche werden wir mit beiden noch einmal ein Abschlusstraining durchführen und dann geht es auch schon nach Kroatien.

Der Erfolg von Speichersdorf im vergangenen Jahr bringt mit sich, dass wir bei den Frauen und Männern jeweils sechs Starter in den einzelnen Disziplinen einsetzen können. Wie siehst du generell den Stand ein Jahr nach Speichersdorf und ein Jahr vor Dettenheim?
Güntehr Doleschel:
Diese erfreuliche Anzahl an Startplätzen, die auch gleichzeitig als Maximum definiert ist, haben wir uns in Speichersdorf verdient. Ich bin über jeden Startplatz froh und glücklich. Wir haben uns gut auf die Einzel-WM vorbereitet. Bei den Frauen gibt es keine großen Veränderungen, Saskia Seitz kann aus privaten Gründen nicht mit nach Kroatien fahren und Saskia Barth spielt bei der U23. Auch bei den Männer gibt es keine großen Veränderungen. Manuel Weiß ist der einzige , der nicht in Speichersdorf dabei war.  Wir haben im Grunde genommen Spielerinnen und Spieler, auf die wir in Speichersdorf vertraut haben, und sie werden in Vorbereitung auf Dettenheim die Einzel-WM spielen. Eine Einzel-WM muss ganz anders eingeordnet werden als eine Team WM. Wir können nicht einfach sagen: Wir erwarten Großes. Dort gehört auch ein bisschen Glück dazu. Der K.-O.-Modus bringt mit sich, dass man jeden Gegner schlagen muss – oder man ist weg vom Fenster. Natürlich würden wir uns freuen, wenn möglichst viele Spielerinnen und Spieler weit durchkommen und vielleicht auch in die Entscheidungen eingreifen können. Das ist aber keine zwingende Voraussetzung. Wichtig ist vor allem, dass alle möglichst viele Erfahrungen mitnehmen für nächstes Jahr, wenn die Team WM wieder im eigenen Land stattfindet.

Wie wichtig ist für dich als Cheftrainer die Weltrangliste, in der nach dem Champions League Final Four Corinna Kastner vorn und Thomas Schneider auf Rang drei liegen?
Günther Doleschel:
Jede von meinen Spielerinnen und jeder Spieler kann jede und jeden in der Welt schlagen. Ob das allerdings gerade jetzt bei der WM gelingt, bleibt abzuwarten – ich würde es jedem wünschen. Sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen haben wir ganz starke Spieler dabei, zum Beispiel Fabian Seitz, der mit Sicherheit zu den besten Spielern der Welt gehört oder Tom Schneider, der einen guten Platz in der Weltrangliste belegt und Corinna Kastner, die ebenfalls ihren Platz in der Weltspitze bei jeder Gelegenheit unter Beweis stellt. Zur Medaille aber ist es für alle ein sehr langer Weg.

Ist die WM 2016 ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Dettenheim 2017?
Günther Doleschel:
Die Einzel-WM ist eine ganz andere Veranstaltung. Bei der Mannschaft kommt es darauf an, dass das Team stimmt, dass sich jeder auf den anderen verlassen kann. In Novigrad ist bei den Männern und Frauen jeder ein Einzelkämpfer. Jeder spielt für sich, jeder hat für sich sein Ergebnis zu leisten und seinen Gegner zu schlagen. Es ist einfach ein ganz anderer Kegelsport. Ich denke da zum Beispiel an die unglückliche Situation, als in Brünn Mathias Weber und Axel Schondelmaier durch ihre Platzierungen in der Quali schon in der ersten Runde aufeinandertrafen und dabei einer der zwei Starter schon sehr früh ausscheiden musste. Wie erwähnt, müssen wir die Erfahrungen, die wir in Novigrad machen, für uns auswerten und für die Zukunft nutzen.

Wie siehst du die Entwicklung insgesamt auch im Hinblick auf die Bundesliga?
Günther Doleschel:
Unser Sport entwickelt sich immer weiter. Das Material wird moderner und teilweise auch anspruchsvoller, das ist wichtig und hält unseren Sport jung. Spielerwechsel in der Bundesliga sind gerade jetzt nach Ende der Saison und vielleicht nach der WM noch mehr ein Thema. Und wenn ein junger Spieler aus der U23 sich nach der WM über ein Angebot freuen kann, dann gehört das auch zu einer positiven Entwicklung in unserm Sport. Wir haben durch die Auf-  und Abstiege in allen Ligen immer neue Herausforderungen mit dem Bahnmaterial. Ein guter Sportler muss unter allen Bedingungen seine Leistungen unter Beweis stellen können.
Wir haben uns auf jeden Fall weiterentwickelt. Es ist jetzt noch ein Jahr bis Dettenheim bis zu unserem großes Ziel, aus dem wir kein Geheimnis gemacht haben: Wir wollen in Dettenheim sehr gut abschneiden, vielleicht sogar noch ein bisschen besser als in Speichersdorf. Und dazu gehört anspruchsvoller Kegelsport in der Liga, aber auch auf internationalem Boden.

Bei der letzten Einzel-WM 2014 in Brno war die deutsche Gruppe recht überschaubar mit vier Frauen und zwei Männern. Nun geht es in Mannschaftsstärke in die Entscheidungen, was bedeutet das?
Günther Doelschel:
Wir haben es ja in Brünn erlebt. Wenn schon in der ersten K.-O.-Runde die beiden einzigen deutschen Männer (Platz 9 gegen Platz 24) direkt aufeinandertreffen, ist das sehr unglücklich. Auch das knappe Aus von Daniela Kicker und Saskia Seitz (Platz 33 und 34) in der Qualifikation war unglücklich. Mit zwei bei Dani oder fünf Kegeln mehr bei Saskia hätten wir zwei weitere Sportler in der Endrunde gehabt. So etwas kann natürlich wieder passieren. Aber die anderen Nationen schlafen nicht. Überall sind gute Keglerinnen und Kegler zu finden. Die Konkurrenz wird nicht kleiner. Deshalb ist die Einzel-WM zwar ein Schritt auf dem Weg nach Dettenheim, die internationale Erfahrung mit dem Bestehen gegen einen Gegner, den man nicht aus der Bundesliga kennt, aber das Wichtigste.

Weltmeisterschaften sind die Spitze des Eisberges. Davor steht jede Menge hartes Training. In Deutschland gibt es dafür auch die Stützpunkte. Wie bist du mit dieser Entwicklung zufrieden?
Günther Doleschel:
Ich bin mir sicher, dass wir diesen Weg in den letzten Jahren erfolgreich beschritten haben. In Speichersdorf haben wir das bestätigt bekommen. Aber, wir sind noch lange nicht am Ziel. Wir sind bei der Auswahl unserer Stützpunkte etwas sensibler geworden, da man sich im Zeitalter ständiger Veränderungen den Anforderungen, die man für wichtige Wettkämpfe vorfindet, anpassen muss. Wer diese Anforderungen erkennt und verarbeiten kann, hat das Handwerkszeug für den Kegler von morgen. Ich würde mir wünschen, dass wir in unserem Nachwuchsbereich viele solche Sportler in Novigrad entdecken.

Das Interview führte Michael Hohlfeld

 

 

Kategorie: Topmeldungen, U18, U23, Frauen/Männer, Weltmeisterschaften
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